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Deutsche Volkshelden

Noch vor wenigen Wochen war Großinquisitor Joachim Gauck der „Volksheld“ der deutschen Medien. Als es nicht gelungen war, ihn zum Bundespräsidenten hoch zu schreiben, schien es kurze Zeit, als sei Wetter-Guru Kachelmann der nunmehr zum Helden Auserkorene. Doch die jüngsten „Provokationen“ des Bundesbank-Vorstands Thilo Sarrazin geben mehr her. „Vererbbare Intelligenz“, „jüdische Gene“, „mangelnde Integration von Migranten“ -  bessere Themen finden sich kaum in der Sommerpause des Parlaments. Prompt kürt das Nachrichten-Magazin DER SPIEGEL in seiner jüngsten Ausgabe den Thilo Sarrazin zum Volkshelden. Dabei hat der Herr offenbar nur aufgeschrieben, was in Deutschland seit Jahren, wenn nicht gar seit Jahrzehnten mehr oder weniger offen diskutiert wird: Die Integrationspolitik der deutschen Bundesregierungen war und ist „Scheiße“! Und zwar dermaßen zum Himmel stinkende, dass selbst bei der Integration der Ostdeutschen eklatante Fehler gemacht wurden, so dass sich diese Volksgruppe als Bürger zweiter Klasse fühlt. Und alles, was nach den Ossis kommt, ist sozusagen drittklassig. Wer die Misere offen benennt, wird zum Volkshelden erkoren, vorausgesetzt, er hat einen genügend einflussreichen Posten. Wobei man im Falle des  Bundesbank-Vorstandes Sarrazin sagen muss: Der Herr war offenbar in seinem Amt nicht ausgelastet, trotz Banken-, Finanz- und Wirtschaftskrise. So hat er denn ein feines Buch zur Lage der Deutschen geschrieben, „Deutschland schafft sich ab“ betitelt. 99 Prozent der Anrufe, Briefe und Mails, die er bekommt, sind, sagt er, „Zuspruch und Glückwünsche“. 18 Prozent der Deutschen, sagt ein Meinungsinstitut, würden Sarrazins Partei wählen. Aber noch ist er Mitglied der SPD. Und alle Kampagnen gegen ihn werden von seinen Verteidigern als Angriff auf die Demokratie gewertet. Um es mit Stalin zu sagen: Die Sarrazin kommen und gehen, das deutsche Volk aber bleibt.

 

Berlin, 8. September 2010