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Die zwei Kardinalfehler der LINKEN

 

Elementare Grundlage für die Politik einer Partei ist deren optimale geistige Verortung in der Gesellschaft. Nachdem durch den Zusammenbruch der Sowjetunion und zahlreicher mit ihr befreundeter Länder eine Abkehr von den revolutionären Kategorien sowohl von Marx und Engels als auch von Lenin erfolgte, sind alle Parteien, die dennoch den Mut und die Kraft aufbringen, sich irgendwie sozialistische Ziele zu setzen, im Grunde ohne feste geistige Anker in dem von den USA gesteuerter Chaos der Globalisierung. So auch die deutsche LINKE.

Diese Partei hat bis heute nicht die Courage, die nichtkapitalistische DDR zu verteidigen und undogmatisch alle Versuche zu prüfen und gegebenenfalls auch in aller Öffentlichkeit zu würdigen, die von 1949 bis 1989 in dem kleinen absolut benachteiligten Teil Deutschlands unternommen wurden und den Namen sozialistisch verdienen. Zu solch operativer geistiger Verortung würde die Einsicht gehören: Der Weg der Menschheit zu einer nichtkapitalistischen, das heißt nennenswert sozialistischen Gesellschaft wird Jahrhunderte brauchen – und selbst der kleinste markante Schritt dahin kann nicht ohne unermessliche Widersprüche vollzogen werden. Geradezu verhängnisvoll ist daher der Verzicht der LINKEN darauf, die wahrhaft gigantische wirtschaftliche und kulturelle Entwicklung der Volksrepublik China unter Führung einer Kommunistischen Partei zu würdigen und sich dazu zu bekennen. Was natürlich auch das Bekenntnis zu den Widersprüchen dieses welthistorischen Erfolges des Milliarden-Volkes dieser Erde einschließen würde! Dazu ist die LINKE zu feige. Das ist ihr erster Kardinalfehler.

Der zweite Kardinalfehler der LINKEN ist innenpolitisch. Und zwar der Fehler, sich in Regierungen zu begeben, in denen man geduldet mitregiert. Damit hat sich die LINKE zwar systemkonform gemacht, aber die Partei steht bei den Menschen seither nicht mehr als reale antikapitalistische  Alternative zur Wahl. Sie gehört mittlerweile zu „denen da oben, die uns doch alle verarschen“. Eine wahre LINKE (sie muss dafür nicht gleich orthodox „kommunistisch“ sein, sondern lediglich konsequent bürgerlich-parlamentarisch) übernimmt Regierungsämter nur dann, wenn sie von der Mehrheit der Bevölkerung gewählt wird. Diese Kategorie der Macht müsste in den politischen Kämpfen immer wieder geradezu gepredigt und gelebt werden, damit sie (selbst über die nun mal nicht befreundeten Medien) langsam fest ins Bewusstsein der Bürgerinnen und Bürger dringt. Solange die LINKE nicht in der Lage ist, in Wahlen die Mehrheit der Stimmen auf sich zu vereinen, ist die Zeit nicht reif für sie und sollte streitbare Opposition bleiben. Es sei denn, sie besinnt sich aufs klassizistische revolutionäre Regelwerk. Da wären wir dann wieder bei Marx, Engels und Lenin - die freilich auch in Sachen Revolution der Meinung waren, dass die Zeit reif sein muss.

 

Diskussionsbeitrag zum Parteitag der LINKEN 2016